Bewe­gungs­pra­xis aufbauen

Die bes­ten Bewe­gun­gen nüt­zen nichts, wenn man sich dazu nicht auf­raf­fen kann. In die­sem Blog­bei­trag geht es um ein Trai­ning, dass zu dir passt und um gesun­de Routinen.

Als Tän­ze­rin reizt mich eine bestimm­te Art an Bewe­gung. Die­se hat etwas mit Kör­per­be­wusst­sein, Detail­ver­liebt­heit, Timing, Bewe­gungs­qua­li­tät, Koor­di­na­ti­on und der Ver­bin­dung zum Umfeld — einer Kör­per- Geist — Pra­xis zu tun. Das heißt, mich zieht es hin zu soma­ti­schen Metho­den wie Pila­tes, Fel­den­krais oder Gyro­ki­ne­sis. Ande­re Moti­va­tio­nen für Bewe­gung kön­nen sein, sich aus­zu­powern wie beim Boxen, Freu­de an Wie­der­ho­lung zu fin­den, wie beim Jog­gen, sich am liebs­ten im Team bewe­gen wie bei Ball­sport­ar­ten oder über Gren­zen gehen zu wol­len bei soge­nann­ten Extrem­sport­ar­ten. Zu wis­sen, wel­che Bewe­gungs­art zu einem passt, hilft dran zu blei­ben (unab­hän­gig davon, dass man Pila­tes immer als über­grei­fen­des Trai­ning machen kann, da damit alle Bewe­gungs­ab­läu­fe ver­bes­sert und Ver­let­zun­gen vor­ge­beugt wer­den kön­nen). Pila­tes ist dabei sowohl als eigen­stän­di­ge Bewe­gungs­form als auch als Trai­nings­er­gän­zung eine Zusa­ge an sich selbst, respekt­voll mit per­sön­li­chen kör­per­li­chen Mög­lich­kei­ten umzu­ge­hen und damit den All­tag zu unterstützen.

Die Fit­ness­in­dus­trie hat ein Bild geschaf­fen, dass Sport “weh tun muss”. Das bekom­me ich auch oft von Anfänger:innen gesagt, die offen­bar ihren Fit­ness­grad an den Schmer­zen im und nach dem Trai­ning mes­sen wol­len. Das ist jedoch nicht ent­schei­dend. Im Gegen­teil: Schmerz löst in unse­rem Kör­per einen Schutz­me­cha­nis­mus aus. Der Kör­per fühlt sich “bedroht” und reagiert mit redu­zier­tem Bewe­gungs­aus­maß, erhöh­ter Mus­kel­span­nung bei ver­rin­ger­ter Kraft als Ver­let­zungs­vor­beu­gung. Um den Bogen zur Bewe­gungs­pra­xis zu schla­gen… für ein erfolg­rei­ches, kon­sis­ten­tes Bewe­gungs­trai­ning muss dein Kör­per gern dar­auf zurück kom­men wol­len und davon aus­ge­hend das Aus­maß erweitern.

Trotz­dem wird es immer wie­der vie­les geben, dass uns dar­an hin­dert zu trai­nie­ren. Meis­tens beginnt man sehr ambi­tio­niert, dann wird es vor­über­ge­hend immer schwe­rer sich auf­zu­raf­fen. Das ist nor­mal. Die gute Nach­richt ist, dass es sich nach die­ser Durst­stre­cke umdreht und leich­ter wird. Denn das Beherr­schen der Kunst von der Inak­ti­vi­tät zur Akti­vi­tät zu kom­men wird immer bes­ser. An den Zustand, Bewe­gung zu genie­ßen, wird der Kör­per sich immer mehr und bes­ser erin­nern. Denn Bewe­gung ist immer auch ein Lern­pro­zess unse­res Gehirns und ein bestimm­ter Zustand unse­res Seins. Was im Ide­al­fall ent­steht, ist ein soge­nann­ter Flow. Dabei sind wir ganz im Moment und Anstren­gung und Koor­di­na­ti­on fin­den orga­nisch ihren Weg. Wir trai­nie­ren qua­si den Wech­sel die­ser Zustän­de: vom Zustand der Träg­heit in Bewe­gung zu kom­men wird immer bes­ser wer­den, je mehr und kla­rer wir Bewe­gung posi­tiv wahr­zu­neh­men gelernt haben. Jede Ver­än­de­rung und gute Bewe­gung braucht Zeit.

OK, neh­men wir an, wir haben das pas­sen­de Trai­ning für uns gefun­den, jetzt heißt es dran blei­ben! Die 80 jäh­ri­ge Cho­reo­gra­fin Twy­la Tharp trai­niert immer noch täg­lich. Dafür fährt sie jeden Mor­gen in ein Bewe­gungs­stu­dio. Sie sagt, der Weg da dahin ist schon die Rou­ti­ne. Ein­mal los­ge­gan­gen gibt es kein Zurück mehr. Dies wäre mit einem Ter­min in der pila­tique schon mal leicht zu machen… 😉

Nicht jeder schafft es drei Mal pro Woche ins Stu­dio zu kom­men (150 ‑300 Minu­ten pro Woche in unter­schied­li­cher Inten­si­tät ist die Emp­feh­lung der WHO). Daher ist Bewe­gung zu Hau­se ein wich­ti­ger wei­te­rer Bau­stein. Jede Bewe­gung ist bes­ser als kei­ne Bewe­gung, auch wenn man es zu Beginn nicht gleich auf 150 Minu­ten schafft. Hier ist das Online Pro­gramm der pila­tique eine gute Beglei­tung und bringt zusätz­lich Abwechs­lung in eige­ne Rou­ti­nen: hoer​.pila​tique​.de

Update am 26.9.2022 Deutsch­land­funk­kul­tur hat einen Bei­trag dazu gemacht, den ich nur so unter­strei­chen kann, auch wenn da nicht das Wort “Pila­tes” fällt…: Move­ment Prac­ti­ce- alle Facet­ten der Bewegung

Tipps immer wie­der zu Bewe­gung zurückzukommen:

  • Erin­nern an den “Flow” Zustand — ein posi­ti­ves Bewe­gungs­er­le­ben im Kopf erzeu­gen und wis­sen, dass sich bewe­gen bes­ser anfühlt als auf der Couch zu blei­ben. Das höre ich oft von mei­nen Teilnehmer:innen: sie müs­sen sich zwin­gen los­zu­ge­hen, aber wenn sie dann da waren sind sie sehr glück­lich. Das ist nicht zu ver­wech­seln mit, dass man enthu­si­as­tisch Sport machen muss! Sich trau­rig, geschafft oder mit wenig Ener­gie sich zu bewe­gen ist total in Ord­nung. Es geht dar­um, die Gewohn­heit der Resis­tenz abzutrainieren.
  • Schaf­fen von einer hilf­rei­chen Umge­bung oder von Ritua­len: wie Aus­rol­len der Mat­te, Was­ser trin­ken, bestimm­te Klei­dung tra­gen oder einen Ter­min fest­le­gen bzw. im Stu­dio machen… schaff dir eine Brücke!
  • Über­le­gen, wel­che Akti­vi­tä­ten sinn­los Zeit fres­sen — kei­ne Zeit für Bewe­gung ent­spricht nicht der Wahr­heit, dass ist ledig­lich der inne­re Wider­stand. Wie kön­nen z.B. die­se 10 Minu­ten für Bewe­gung genutzt wer­den? Es braucht nicht viel Zeit.
  • Suche das erhe­ben­de Gefühl, etwas Neu­es anzu­fan­gen und die Bewe­gung völ­lig neu zu erfah­ren. Immer wie­der mit offe­nen Sin­nen und Neu­gier her­an­zu­ge­hen hilft gegen Lust­lo­sig­keit. Dabei kön­nen die Übun­gen sogar jedes Mal gleich blei­ben — ent­de­cke Nuan­cen und Viel­falt in jeder Wiederholung!
  • zu wis­sen das etwas bes­ser ist als nichts — UND sich kein schlech­tes Gewis­sen machen, wenn man es mal nicht schafft.
  • ver­giss die Ästhe­tik der Fit­ness­in­dus­trie mit Asso­zia­tio­nen wie groß, schnell und sofort — was ist für dich mög­lich und rea­lis­tisch zu schaffen?
  • mache Bewe­gung zur Prio­ri­tät, so dass “Ent­schul­di­gun­gen” weni­ger wert sind (ich hab schlecht geschla­fen, daher kann ich mich nicht bewe­gen… die­se E‑Mail hat abso­lu­ten Vor­rang…) auch wenn es bedeu­tet den Tag zu reor­ga­ni­sie­ren. War­te nicht, bis die Umstän­de per­fekt sind!